Unser Herz schlägt etwa 60 bis 100 mal pro Minute. Das bedeutet 80.000 bis 150.000 mal am Tag, im Lauf eines 80jährigen Lebens sind das durchschnittlich drei Milliarden Schläge. Das schlagende Herz pumpt das Blut unaufhörlich durch den gesamten Körper. Diese Ausdauerleistung ist in der Natur und in der Technik einzigartig. Dass das Herz gelegentlich aus dem Takt gerät, ist daher nicht allzu verwunderlich.
Kommt das Herz komplett aus dem Rhythmus, können die Folgen sehr unterschiedlich sein – von harmlosen Unregelmäßigkeiten bis hin zum plötzlichen Herztod. Lebensbedrohliche Rhythmusstörungen, zum Beispiel das Kammerflimmern, sind zum Glück selten. Sehr weit verbreitet ist dagegen das Vorhofflimmern, insbesondere bei älteren Menschen. Typisches Anzeichen dieser häufigsten Herzrhythmusstörung ist ein völlig unregelmäßiger Puls. Viele Patienten klagen außerdem über Symptome wie Herzstolpern, Atemnot und Angstgefühl. Oft bleibt das Flimmern aber auch völlig unbemerkt. Vorhofflimmern ist zwar nicht unmittelbar lebensbedrohlich, kann aber gefährliche Folgen haben. Patienten mit Vorhofflimmern haben ein gesteigertes Embolierisiko, insbesondere einen embolisch bedingten Schlaganfall zu erleiden. Aus diesem Grund sollten Sie auf jeden Fall zum Arzt gehen, wenn Ihr Herz aus dem Takt gerät.

In Deutschland gibt es rund eine Million Vorhofflimmerpatienten, und es werden immer mehr. Trotzdem weiß man noch nicht genug über diese Volkskrankheit. Führende Herzspezialisten haben sich deshalb im Kompetenznetz Vorhofflimmern bundesweit zusammengeschlossen, um diese Rhythmusstörung genauer zu erforschen. Ziel ist es, die Diagnostik, Behandlung und letztendlich damit  die Versorgung der Patienten mit Vorhofflimmern zu verbessern.

In dieser Patienteninformation erklären erfahrene Ärzte aus dem Kompetenznetz Vorhofflimmern Ihnen, was Sie über Vorhofflimmern wissen sollten, insbesondere wenn Sie selbst betroffen sind: Wie erkennt der Arzt Vorhofflimmern?

Welche Gefahren birgt es? Was kann man tun, um das Schlaganfallrisiko zu senken? Wie wird Vorhofflimmern normalerweise behandelt und welche neuen Therapiemöglichkeiten gibt es?

Hohe Lebenserwartung trotz Vorhofflimmern

Ob Vorhofflimmern tatsächlich die Lebenserwartung einschränkt, ist bei den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten schwer zu sagen. Wer jünger als 65 und ansonsten herzgesund ist, hat trotz Vorhofflimmern eine ähnliche Lebenserwartung wie Menschen ohne Rhythmusstörung. Wer dagegen an Vorhofflimmern und zusätzlich an einer Herzerkrankung leidet, musste in früheren Jahren mit einer geringeren Lebenserwartung rechnen. Aufgrund der verbesserten Behandlung scheint auch die Lebenserwartung dieser Patienten heute höher zu sein als früher.

Volkskrankheit Vorhofflimmern in Deutschland

Vorhofflimmern ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung und eine der häufigsten Ursachen für ambulante Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Nach aktuellen Schätzungen sind rund 800.000 Menschen in Deutschland, also rund ein Prozent der Bevölkerung, davon betroffen. Aufgrund der sich ändernden Altersstruktur in den westlichen Ländern und der Zunahme von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht steigt die Zahl der Vorhofflimmerpatienten ständig. Experten rechnen mit einer Verdoppelung in den nächsten 50 Jahren.

Wer ist besonders gefährdet?

Das individuelle Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, hängt stark vom Lebensalter ab und verdoppelt sich ab dem 50. Lebensjahr etwa mit jeder Altersdekade. Während von den unter 50-Jährigen deutlich weniger als ein Prozent an Vorhofflimmern leiden, steigt die Häufigkeit bei über 60-Jährigen auf vier bis sechs Prozent und bei über 80-Jährigen auf neun bis 16 Prozent. Männer sind in den jüngeren Altersstufen häufiger betroffen als Frauen. Durch die höhere Lebenserwartung der Frauen gibt es etwa gleich viele männliche und weibliche Patienten mit Vorhofflimmern.

Eine Vielzahl häufiger Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz), koronare Herzerkrankung und Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) begünstigen das Auftreten von Vorhofflimmern. So steigert ein hoher Blutdruck das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, etwa auf das Doppelte, Herzinsuffizienz auf das 4,5- bis sechs-fache. Übergewicht und regelmäßiger übermäßiger Alkoholkonsum sind weitere Risikofaktoren. Um Vorhofflimmern zu verhindern, gilt es deshalb, konsequent vorzubeugen und die begünstigenden Erkrankungen und Risikofaktoren rechtzeitig zu behandeln.

Schlaganfallrisiko

Vorhofflimmern ist als Rhythmusstörung selbst nicht lebensbedrohlich, kann aber zu gravierenden Folgeschäden führen, insbesondere zum Schlaganfall. Das Schlaganfallrisiko hängt vom Alter und den Begleiterkrankungen ab und beträgt bis zu acht Prozent pro Jahr. Daher sind in vielen Fällen Medikamente zur Blutverdünnung (z. B. Marcumar®) erforderlich, um das Embolierisiko weitgehend zu reduzieren. Schlaganfälle sind neben dem Herzinfarkt die häufigste herz- und kreislaufbedingte Todesursache in Deutschland. 15 Prozent aller Schlaganfälle sind auf Vorhofflimmern zurückzuführen, das sind fast 40.000 Schlag-anfälle pro Jahr in Deutschland.
Aber auch jüngere Menschen ohne fassbare Herz- oder Begleiterkrankung können Vorhofflimmern haben. Bei diesen Betroffenen, die etwa ein Zehntel aller Vorhofflimmerpatienten ausmachen, ist das Schlaganfallrisiko mit etwa einem Prozent pro Jahr gering, auch ohne Blutverdünnung.

Vom kurzen Anfall zum Dauerflimmern

Vorhofflimmern kann anfallsartig auftreten, wobei die Rhythmusstörung in manchen Fällen spontan wieder endet, in anderen nicht. Zunächst anhaltende Formen können oft durch Medikamente oder einen Elektroschock (Kardioversion) wieder in einen normalen Rhythmus zurückgeführt werden. Bisweilen ist Vorhofflimmern aber nicht mehr zu beenden, sondern besteht dauerhaft. Je früher Vorhofflimmern behandelt wird, desto größer sind die Chancen, es noch einmal zu beenden. Nach Jahren besteht im Allgemeinen nur noch wenig Aussicht auf die dauerhafte Wiederherstellung eines normalen Sinusrhythmus.
Tritt Vorhofflimmern zum ersten Mal auf, so kann dies der Anfang eines chronischen Verlaufs mit wiederholten Anfällen unterschiedlicher Dauer und Häufigkeit sein oder ein einmaliges Ereignis, etwa im Rahmen einer schweren Erkrankung, einer Schilddrüsenüberfunktion oder einer Operation. Langfristig hat Vorhofflimmern aber die Tendenz, sich in Richtung einer dauerhaften Rhythmusstörung zu entwickeln:
So kommt es bei etwa acht Prozent der Patienten mit anfallsartigem (paroxysmalem) Vorhofflimmern innerhalb eines Jahres zu dauerhaftem (permanentem) Vorhofflimmern. Enden die Episoden nicht spontan, sondern bedürfen der Konversion durch Medikamente oder Elektroschock, so ist innerhalb von zwei Jahren bereits bei rund 40 Prozent dieser Patienten mit permanentem Vorhofflimmern zu rechnen.

Vorhofflimmern bleibt oft unbemerkt

Während beim Gesunden das Herz mit einem gleichmäßigen Rhythmus (Sinusrhythmus) schlägt, ist Vorhofflimmern durch einen unregelmäßigen, meist zu schnellen Herzschlag gekennzeichnet. Typische Symptome sind Herzstolpern oder -rasen, Schwindel, Atemnot, Abgeschlagenheit und gelegentlich Brustschmerz, Beklemmungs- oder Angstgefühl. Aber manchmal bleiben diese alarmierenden Anzeichen aus. Bei vielen Menschen tritt die Rhythmusstörung ganz ohne Beschwerden auf und wird nur zufällig bei einer ärztlichen Untersuchung erkannt. Nicht selten macht sie sich erst durch Komplikationen, in schweren Fällen durch einen Schlaganfall, bemerkbar.
Dieses asymptomatische Vorhofflimmern birgt also die Gefahr, zunächst unerkannt zu bleiben, so dass notwendige Therapiemaßnahmen wie eine Blutverdünnung nicht rechtzeitig eingeleitet werden können. Insbesondere paroxysmales Vorhofflimmern mit seinen selbst endenden Episoden verläuft häufig (bis zu 70 Prozent) ohne besondere Beschwerden. Experten schätzen daher, dass es eine hohe Zahl von Betroffenen gibt, die mit Vorhofflimmern leben, ohne es zu wissen. Diesen Menschen rechtzeitig zu helfen, ist eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Untersuchungsprogramme zur Früherkennung („Screening“) gefährdeter Bevölkerungsgruppen, also von Personen über 60 Jahren, insbesondere mit Bluthochdruck, koronarer Herzerkrankung oder Herzmuskelschwäche, könnten dazu beitragen, Betroffene rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, bevor Komplikationen eintreten.

Was geschieht im flimmernden Vorhof?

Vorhofflimmern ist eine Rhythmusstörung der Herzvorhöfe. Im Gegensatz zum normalen Herzrhythmus werden die regelmäßigen elektrischen Impulse aus dem Sinusknoten dabei durch arrhythmisch-kreisende Erregungswellen unterdrückt. Diese kreisenden Erregungen, die ihre Größe und Lokalisation in den Vorhöfen ständig verändern, führen zum sogenannten Flimmern der Herzvorhöfe.
Über den AV-Knoten, der die Herzvorhöfe und die Herzkammern elektrisch verbindet, wird das Flimmern auf die Herzkammern geleitet, so dass es zu einer unregelmäßigen Aktivierung der Herzkammern kommt. Die Folge: Das Herz gerät aus dem Takt. Viele Patienten nehmen dies als Herzstolpern wahr. Bedingt durch die schnelle Überleitung des Vorhofflimmerns auf die Herzkammern ist dabei der Puls häufig über 100 Schläge pro Minute beschleunigt. Dadurch erklären sich die Beschwerden wie Herzklopfen, Herzjagen, und Schwindel.

Gefährliche Folgen

Das Vorhofflimmern verhindert außerdem eine geordnete Pumpfunktion der Vorhöfe und kann so die Herzleistung reduzieren. Typische Beschwerden hierfür sind allgemeine Leistungsminderung, Schwäche, Luftnot und Wasseransammlungen (Ödeme). Vor allem aber kann die eingeschränkte Pumpfunktion während des Vorhofflimmerns gefährliche Folgen haben: Die Herzvorhöfe besitzen kleine Ausziehungen, die als Herzohren bezeichnet werden. In diesen Herzohren ist die Fließgeschwindigkeit des Blutes während des Flimmerns besonders langsam, so dass sich hier häufig Blutgerinnsel bilden. Falls diese dann losgeschwemmt werden, können sie Gefäße im Körper verstopfen und so zu einem Organinfarkt führen. Am häufigsten passiert dies im Gehirn, was man als Schlaganfall bezeichnet.

Was bringt den Vorhof zum Flimmern?

Die für das Vorhofflimmern typischen kreisenden Erregungswellen bilden sich nur aus, wenn die Erregungsleitung im Vorhofgewebe verlangsamt oder blockiert ist. Solche Störungen können durch Änderungen der Gewebestruktur entstehen. So begünstigen zum Beispiel ausgedehnte Narben und Entzündungen im Herzgewebe das Auftreten von Vorhofflimmern.

Experimente haben gezeigt, dass die Entstehung von Narbengewebe (Fibrose) innerhalb der Herzvorhöfe durch die direkte Wirkung von Angiotensin II bedingt ist, einer körpereigenen Substanz, die im Herz und Gefäßsystem gebildet wird. Angiotensin II ist ein wichtiger Regulator der Gefäßweite. Viel Angiotensin führt zur Engstellung der Blutgefäße und damit zu einem hohen Blutdruck. Darüber hinaus begünstigt es die Entwicklung einer Herzpumpschwäche. Diese Zusammenhänge erklären, warum Vorhofflimmern häufig begleitend bei Patienten mit Bluthochdruck, Herzklappenerkrankungen oder Herzschwäche auftritt. Seit vielen Jahren gibt es Medikamente, sogenannte „Angiotensin II Rezeptor Blocker“, die die Wirkung von Angiotensin II im Gefäßsystem und am Herzen blockieren können. Bisher werden sie zur Therapie von Bluthochdruck und Herzschwäche eingesetzt. Sie können aber auch die Bildung von Fibrose hemmen und sind deshalb ebenso zur Behandlung von Vorhofflimmern geeignet.

Untersuchungen bei Vorhofflimmerpatienten haben in den letzten Jahren gezeigt, dass es vor allem im linken Vorhof Bezirke gibt, in denen spontane elektrische Impulse gebildet werden. Diese spontanen elektrischen Erregungen können Vorhofflimmern auslösen. Am häufigsten finden sich diese Bezirke in der Hinterwand des linken Vorhofs an der Einmündung der Lungenvenen in den linken Vorhof. Mit Herzkathetern ist es möglich, diese Bereiche im Herzen zu erreichen und sie mit einer Katherablation elektrisch zu isolieren. Mit dieser Methode kann ein Teil der Patienten mit Vorhofflimmern sehr effektiv behandelt werden.

Vorhofflimmern verstärkt sich selbst

Vorhofflimmern führt zu erheblichen Veränderungen im flimmenden Vorhof. Die sehr schnelle elektrische Aktivierung der Herzmuskelzellen führt zu einem Anstieg des Zellstoffwechsels und zu einer Änderung der elektrischen Eigenschaften der Zellhülle (Zellmembran). Vorhofflimmern fördert auf diese Weise einen Prozess, durch den die Vorhofzellen immer schneller elektrisch aktivierbar werden. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass kreisende Erregungswellen auf erregbares Gewebe stoßen. Dadurch verlängern sich die Phasen von Vorhofflimmern und die Rhythmusstörung erhält sich selbst aufrecht. Dieser Mechanismus scheint auch ein Grund dafür zu sein, dass Vorhofflimmern gehäuft innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen nach erfolgreicher Beendigung etwa durch eine elektrische Kardioversion erneut auftritt.

Die Krankheit an der Wurzel behandeln

Vorhofflimmern kann durch sehr verschiedene Grunderkrankungen des Herzens verursacht werden. Das Auftreten von Vorhofflimmern sollte daher zum Anlass genommen werden, diese Grundkrankheit so weit wie möglich abzuklären und zu behandeln. Blutdruckmessung, Belastungstest, Ultraschall des Herzens (Echokardiographie), Langzeit-EKG, Lungenfunktionstest, Schilddrüsenfunktionsprüfung und einige andere Untersuchungen stellen dabei die ersten Schritte dar. In manchen Fällen ist eine weiterführende Diagnostik durch Herzkatheter oder die sogenannte elektrophysiologische Untersuchung (Rhythmusherzkatheter) erforderlich.

Akut auslösende Ursachen des Vorhofflimmerns können in vielen Fällen leicht ausgemacht und behandelt werden. So kann zum Beispiel übermäßiger Alkoholgenuss diese Rhythmusstörung auslösen. Man spricht vom „holiday-heart-syndrome“, obgleich dieses Phänomen nicht nur im Urlaub auftritt! Operationen, besonders Herz-operationen, ein Herzinfarkt, Entzündungen des Herzmuskelgewebes, Lungenembolien und chronische Lungenerkrankungen, eine Überfunktion der Schilddrüse – all dies sind akut auslösende Erkrankungen, nach deren Abklingen sich der normale Sinusrhythmus wieder dauerhaft einstellen kann.

Chronische Grunderkrankungen des Herzens oder prädisponierende Faktoren, die Vorhofflimmern verursachen, müssen behandelt werden. Oft kann dadurch eine Normalisierung des Herzrhythmus erreicht werden, und zwar umso eher, je kürzer das Vorhofflimmern besteht. Außerdem wird das Auftreten von Komplikationen deutlich reduziert.

Herzkrankheiten können Vorhofflimmern verursachen

Eine koronare Herzkrankheit (Verengung von Herzkranzarterien) liegt bei etwa 20 Prozent aller Vorhofflimmerpatienten vor. Vorhofflimmern ist mitunter das erste Zeichen dieser Erkrankung. Durch Ballontechniken, manchmal auch mit einer Gefäßstütze (Stent), oder durch eine Bypass-Operation lässt sich diese Erkrankung gut und bei Einstellung aller Risikofaktoren auch recht dauerhaft behandeln.

Herzklappenerkrankungen gehen oft mit Vorhofflimmern einher. Insbesondere Erkrankungen der Mitralklappe, der Herzklappe zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer, führen leicht zu Vorhofflimmern und damit zu Embolien und Schlaganfall. Schließt eine Mitralklappe nicht richtig (Mitralklappeninsuffizienz), kommt es infolge des zurückgeworfenen Blutvolumens zu einer Erweiterung des Vorhofes, durch die das Vorhofflimmern erzeugt wird. Eine operative Verkleinerung des Klappenansatzringes (Mitralklappenraffung) oder ein Klappenersatz wird in manchen herzchirurgischen Zentren begleitet von einer so genannten linearen Ablation im Bereich des linken Vorhofes, die ein Neuauftreten der Rhythmusstörungen verhindern kann.

Bei fast 40 Prozent aller Patienten mit Vorhofflimmern wird Bluthochdruck festgestellt. Eine Erweiterung des Vorhofes und dadurch bedingte zelluläre Stoffwechselmechanismen sind als Ursache anzusehen. Die sorgfältige Einstellung durch blutdrucksenkende Medikamente ist auch zur Vermeidung weiterer Komplikationen erforderlich. ACE-Hemmer und sogenannte AT1-Antagonisten zeigen dabei offenbar direkte Wirkungen auf das Vorhofgewebe, die über die reine Blutdrucksenkung hinausgehen. Beta-Blocker und Diuretika sind weitere Eckpfeiler der Hochdruck-Therapie.

Verschiedene Herzmuskelerkrankungen (sogenannte dilative oder hypertrophe Kardiomyopathien, die Myokarditis und andere) führen durch Schwächung der Herzleistung zu Vorhofflimmern und werden bei rund 15 Prozent aller Vorhofflimmer-Patienten nachgewiesen. Die Entlastung des Herzens und die Durchbrechung eines schädigenden Kompensations-Kreislaufes mit Medikamenten, wie sie auch zur Blutdrucksenkung verwendet werden, ist die Methode der Wahl. Speziell bei der hypertrophen Kardiomyopathie kann ein neu auftretendes Vorhofflimmern den Krankheitszustand akut verschlechtern und muss deshalb durch eine elektrische Kardioversion schnellst-möglich beendet werden.

Ein schnell übergeleitetes Vorhofflimmern (Tachyarrhythmia absoluta) mit anhaltend hohen Herzfrequenzen belastet und schädigt das Herz dauerhaft. Eine derartige Tachymyopathie kann sehr bedrohliche Zeichen der Herzschwäche annehmen und erfordert ein rasches Eingreifen. Durch die elektrische Kardioversion wird der Rhythmus wieder normalisiert, gleichwohl dauert die Erholung des Herzens nach einer derartigen Episode sehr lang. Kann der Sinusrhythmus nicht dauerhaft gehalten werden und führt eine medikamentöse Frequenzregulierung nicht zu normalen Herzfrequenzen, muss ein nicht-medikamentöses Vorgehen gewählt werden.

Eine schwere Schädigung des Herzmuskels kann über das Vorhofflimmern hinaus auch zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen führen (Kammerflimmern). Da die Herzmuskel-erkrankung oft nicht ursächlich zu behandeln ist, lässt sich das bedrohliche Herzkammerflimmern nicht zuverlässig unterbinden. Deshalb ist bei diesen Patienten die Implantation eines schützenden Defibrillators erforderlich.

Bei Patienten mit verminderter Herzleistung bei Linksschenkelblock im EKG liegt oft eine mangelhafte Koordinierung der beiden Herzkammern vor, die durch die Implantation eines beide Herzkammern stimulierenden Defibrillators oder Schrittmachers verbessert werden kann (kardiale Resynchronisationstherapie).

Andere chronische Grunderkrankungen

Die Sauerstoffuntersättigung des Blutes bei chronischen Lungenerkrankungen oder beim so genannten obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom während der nächtlichen Schlafphasen kann ebenfalls zu Vorhofflimmern führen. Infektionsbekämpfung, Medikamente zur Bronchienerweiterung, im Einzelfall auch die ambulante Anwendung von Sauerstoffgeräten können den Sauerstoffmangel zumindest zeitweise verhindern.

Eher selten wird das Vorhofflimmern durch Fehlfunktion des autonomen Nervensystems getriggert (ausgelöst). Sowohl ein Überschießen des Parasympathikus als auch seines Gegenspielers, des Sympathikus, kann Vorhofflimmern verursachen. Bei der einen Form führt eine Schrittmacherbehandlung, bei der anderen eine Beta-Blocker-Therapie zu einer deutlichen Verminderung der Vorhofflimmer-Last (Häufigkeit und Dauer der Anfälle).

Mitunter wird Vorhofflimmern durch andere Rhythmusstörungen ausgelöst, die sehr gut durch eine Katheterablation, das heißt durch Verödung der Quelle oder der elektrischen Leitungsbahn, geheilt werden können. Das Wolff-Parkinson-White (WPW)-Syndrom ist durch eine zusätzliche Leitungsbahn charakterisiert, über die Vorhofflimmern entstehen kann, die aber auch zu gefährlich hohen Herzfrequenzen führen kann. Die Katheterablation dieser zusätzlichen Bahn, eine elektrophysiologische Routine-Behandlung, normalisiert die Rhythmusstörung und verhindert das Auftreten von Vorhofflimmern. Dies trifft auch für weitere primäre Rhythmusstörungen zu wie das Vorhofflattern und die so genannte AV-Reentry-Tachykardie.

Viele Krankheiten führen zu strukturellen oder funktionellen Veränderungen der Herzmuskulatur. Bei den betroffenen Patienten können Ereignisse, die normalerweise harmlos sind, Vorhofflimmerepisoden auslösen. Solche Triggerereignisse sind zum Beispiel: Alkoholgenuss, Schlafentzug, emotionaler Stress, Koffein, starke körperliche Belastung oder eine opulente Mahlzeit.

Trotz aller diagnostischen Bemühungen ist eine ursächliche Zuordnung des Vorhofflimmerns zu bestimmten Herz-Lungen-Erkrankungen nicht immer möglich. Man spricht dann von alleinigem und isoliertem Vorhofflimmern (lone atrial fibrillation). Längerfristige Beobachtungen und sorgfältige Untersuchungen lassen dabei jedoch in manchen Fällen eine genetisch oder entzündlich bedingte Form erkennen.

Vorhofflimmern kann also die unterschiedlichsten Ursachen haben. Oft ist es dabei nur ein Symptom, das zur Behandlung der eigentlichen Grunderkrankung mahnt. Erforderlich sind eine sorgfältige Diagnostik und Therapie, die auf die Erkrankung an sich zielen und damit die Grundlage bieten, Vorhofflimmer-Episoden zu verhindern.

Schlaganfallrisiko senken durch blutverdünnende Medikamente

Menschliches Blut besteht etwa zur Hälfte aus Wasser und zur Hälfte aus roten und weißen Blutkörperchen sowie Blutplättchen. Durch den stetigen Herzschlag werden die festen und flüssigen Blutbestandteile fortwährend durchmischt. Beim Vorhofflimmern werden die Herzvorkammern elektrisch mit einer sehr hohen Frequenz von 300 bis 500 Schlägen pro Minute elektrisch erregt. Während sich im normalen Sinusrhythmus alle Herzmuskelareale der Vorkammern gleichzeitig zusammenziehen und so das Blut weitertransportieren und durchmischen, bewegen sich die verschiedenen Muskelgebiete der Vorkammern beim Vorhofflimmern völlig unkoordiniert. Dadurch entsteht lediglich ein feines Zittern der Vorkammern.

Beim Flimmern verklumpt das Blut

In den Winkeln und Nischen der Vorkammern – die größte nennt man Vorhofohr – werden die festen und flüssigen Bestandteile des Blutes während des Flimmerns nicht mehr genügend durchmischt. So kommt es, dass die Blutkörperchen unter Mitwirkung der Blutplättchen verklumpen und Gerinnsel in den Vorkammern entstehen. Blutgerinnsel sind weich und brüchig, so dass sich immer wieder Teile ablösen können, die dann mit dem Blutstrom in den Körper fortgeschleppt werden. Besonders groß ist die Gefahr einer solchen Embolie dann, wenn der normale Sinusrhythmus durch Medikamente oder durch eine elektrische Kardioversion wieder hergestellt wurde und die Vorkammern wieder beginnen, koordiniert und regelmäßig zu schlagen.
Blutgerinnsel können Adern verstopfen und – geschieht das im Gehirn – zum Schlaganfall führen. Wie groß diese Bedrohung ist, sieht man daran, dass bei rund 20 bis 30 Prozent aller Patienten, die mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingewiesen werden, Vorhofflimmern festgestellt wird.

Während des Flimmerns wird das Blut im Vorhof nicht richtig durchmischt, so dass Blutgerinnsel entstehen können. Die Ultraschallaufnahme zeigt ein Gerinnsel im linken Vorhof. Wenn die Vorhöfe wieder anfangen, regelmäßig zu schlagen, ist die Gefahr besonders groß, dass Teile des Gerinnsels sich ablösen und mit dem Blutstrom fortgespült werden.

Wer ist besonders gefährdet?

Um die Gerinnselbildung bei Vorhofflimmern zu verhindern, hat es in den letzten Jahren zahlreiche große Studien gegeben, die verschiedene Verfahren zur Blutverdünnung bei Vorhofflimmerpatienten evaluiert haben. Ebenso wurde untersucht, in welcher Dosis die Blutverdünnung erfolgen sollte, um einen ausreichenden Schutz vor Gerinnselbildung zu gewährleisten, und dabei das Blutungsrisiko, das mit diesen Medikamenten immer verbunden ist, möglichst gering zu halten. Ferner ging es darum herauszufinden, ob es möglich ist, anhand der Krankengeschichte Patienten zu identifizieren, die eine stärkere oder keine Blutverdünnung beim Vorhofflimmern benötigen. Diese Untersuchungen haben im wesentlichen fünf Faktoren ans Licht gebracht, die bei Vorhofflimmerpatienten ein erhöhtes Risiko einer Gerinnselbildung anzeigen.

Diese Faktoren sind eine eingeschränkte Herzpumpfunktion, Embolien in der Vorgeschichte, ein Bluthochdruck, ein Alter über 65 Jahre und eine Zuckerkrankheit.

Zur Beurteilung des individuellen Risikos benutzen wir Ärzte sogenannte Scores:

CHADS2-Score

Hilfreich zur einfachen Abschätzung des Schlaganfallsrisikos bei Vorhofflimmern ist der sogenannte CHADS2-Score, der in etwas modifizierter Form auch in den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfohlen wird.

Wenn der Score = 0 beträgt, also kein Risikofaktor für einen Schlaganfall vorliegt, überwiegt das Risiko einer schweren Blutung und es sollte höchstens eine Prophylaxe mit Acetylsalicylsäure (ASS, 100–300 mg/Tag) erfolgen. Bei einem Score = 1 muss eine individuelle Abwägung im Einzelfall erfolgen (je nach Schwere und Häufigkeit des Vorhofflimmerns, Schwere der Risikofaktoren usw.) und bei einem Score > 1 sollte eine Antikoagulation mit Cumarinen erfolgen (INR 2–3).

Selbst unter angemessener Behandlung mit Cumarinen kommt es bei Risikopatienten recht häufig zu Hirnembolien. Unter Verwendung der empfindlichen Magnetresonanztomografie“ konnten innerhalb von drei Jahren bei 21 % der Hochrisikopatienten Hirninfarkte nachgewiesen werden, von denen allerdings mehr als die Hälfte keine Symptome verursachten. Ein hohes Embolierisiko fand sich bei Patienten mit dichten Spontanechos im linken Vorhof, mit einer geringen Blutflussgeschwindigkeit im linken Vorhofsohr und bei jenen, die bereits zuvor eine Embolie erlitten hatten. Von den Patienten ohne eines dieser Merkmale erlitten nur sieben Prozent in den drei Jahren eine Hirnembolie.

CHADS2-Score zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos
bei Vorhofflimmern
Bei Vorliegen von … … ergibt sich
C (congestive heart failure) Strukturelle Herzerkrankung, die
Herzinsuffizienz verursacht
1 Punkt
H (hypertension) Arterielle Hypertonie
(auch behandelt)
1 Punkt
A (age) Alter ≥ 75 Jahre 1 Punkt
D (diabetes) Diabetes mellitus 1 Punkt
S (stroke) Durchgemachter Schlaganfall oder
transitorische ischämische Attacke
2 Punkte

Quelle:Wikipedia.de und www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/patienten/infomaterial/Kompetenznetz-Vorhofflimmern.pdf