Die Anfänge der Akupunktur liegen in China. Über die Zeit des Entstehens gibt es widersprüchliche Angaben. Fest steht, daß die Akupunktur bereits 2000 Jahre v.Chr. in China angewandt wurde. Die Ursprünge liegen jedoch weiter zurück. Man schätzt etwa 3000 bis 4000 v.Chr.. Aus Aufzeichnungen, die etwa in die Zeit um 1600 v.Chr. zu datieren sind, weiß man, daß zugespitzte Bambus- und Bronzenadeln zur Behandlung verwendet wurden.

Um die Hintergründe zu verstehen, muß man das Krankheitsbild im China dieser Zeit betrachten. Krankheit bezog sich nicht nur auf körperliche und seelische Gebrechen. Vielmehr war Krankheit die Beschreibung für jeden individualisierbaren Mißstand. Das waren sowohl körperliche Zustände, wie Schmerzen oder Verletzungen. Aber auch persönliche oder kollektive Mißerfolge und Naturkatastrophen. Überschwemmungen und Kampfniederlagen hatten demzufolge den gleichen negativen Stellenwert wie Bauchschmerzen.

Krankheit war im Verständnis der Zeit der gesamtheitliche Mißstand, und das Gegenteil war die völlige Harmonie des Menschen mit seiner Umwelt, der Natur und sich selbst. Diese Sicht bestimmt wesentlich den ganzheitlichen Therapieansatz der traditionellen chinesischen Medizin.
Vor etwa 1400 Jahren gelangte die Akupunktur – ohne daß dadurch die gesellschaftliche und soziale Einbettung mit übernommen wurde – über Korea nach Japan. Eine weitere Verbreitung fand zunächst nicht statt. Erst im 14. Jahrhundert n.Chr. wurde die Akupunktur durch Berichte von Marco Polo auch in Europa bekannt. Allerdings ohne Einfluß auf die Medizin zu haben. Erst durch die Handelsmissionen Englands, Hollands und Frankreichs in Ostasien kam die Akupunktur im 17. Jahrhundert auch nach Europa. Zu dieser Zeit gab es in Europa auch die ersten Veröffentlichungen. Im Jahre 1658 veröffentlichte der holländische Arzt Jakob de Bondt ein umfangreiches sechsbändiges Werk über die Naturgeschichte und Medizin Ostindiens. Wilhelm Ten Rhyne (1683)und Andreas Cleyer (1686) veröffentlichten erste umfangreichere Arbeiten zur Akupunktur. Danach gab es weitere Arbeiten anderer Autoren. Erstmals wurde die Akupunktur nun auch in Europa angewandt.
Im 19. Jahrhundert nahm aber auch erstmals die Zahl der kritischen Anmerkungen zu. Darüber geriet die Akupunktur in Europa gegen Ende des 19. Jahrhunderts wieder in Vergessenheit. Erst Anfang der 50er Jahre in Europa und wenige Jahre später in den USA kam die Akupunktur wieder in den Westen. Im Jahre 1950 erregte der 4.Internationale Kongreß für Akupunktur in Paris großes Aufsehen. Ärzte aus ganz Europa begannen nun, sich für diese (vermeintlich neue) Therapie zu interessieren. Es entstanden die ersten ärztlichen Akupunktur-Organisationen.

Anders als in Asien verbreitete sich die Akupunktur in Europa zunehmend über die Ärzteschaft. Und anders als in Asien standen die ärztlichen Anwender von Beginn an unter einem Erklärungszwang gegenüber der westlichen Schulmedizin. So gab es bereits in den 50er Jahren in Europa erste zaghafte Ansätze, die Akupunktur wissenschaftlich zu erklären. Erst 1972, mit Nixons Besuch in China, wurde die Akupunktur auch in den Medien populär.

Seitdem hat sich die Akupunktur sowohl in den USA als auch in Europa vehement weiter entwickelt. Während in den USA die Therapie überwiegend von chinesischen Einwanderern geprägt ist, wurde sie in Europa eine ‚ärztliche‘ Therapie. Inzwischen ist sie weit verbreitet und wird erfolgreich bei einer ganzen Reihe von Indikationen eingesetzt und hat auch ihren Weg an die Universitäten gefunden.
Akupunktur ist heute außerhalb Asiens in den westlichen Ländern eine ernsthafte Therapie geworden, die erforscht wird und sich weiterentwickelt. In vielen Ländern ist sie bereits eine anerkannte Ergänzung zur westlichen Schulmedizin und wird von dieser auch anerkannt. Die Denkweise der traditionellen chinesischen Medizin hat die Akupunktur und Wirkungsweise nie in Frage gestellt. Forschungen, die die Wirkungsweise der Akupunktur offenlegten, gab es in China zwar ab den 60er Jahren in Ansätzen.

Doch erst der Erklärungszwang für die fernöstliche Therapie führte im Westen, vornehmlich in Europa und den USA, zu ernsthaften wissenschaftlichen Bemühungen, eine Erklärung für die Wirkungsweise der Akupunktur zu finden.
In früheren Jahren nahm man an, daß die Akupunktur zusammen mit anderen, wie der Reflexzonentherapie, Bädern und Massagen, den ‚Hautreizungsmethoden‘ zuzuordnen sei. Durch die Arbeiten von HEAD war zudem bekannt, daß die Reizung reflektorischer Schmerzzonen auf der Haut Schmerzen kurzfristig ausschalten konnten. Aus all dem ließ sich jedoch nicht ableiten, warum und wie sich Reizungen auf bestimmten, Organen zugeordneten Bahnen (Meridianen) auf bestimmte Krankheitsbilder auswirkten. Andere Überlegungen, häufig von Seiten der kritischen Schulmedizin hervorgebracht, erklärten die Akupunktur ganz einfach mit wirksamen Plazebo-Effekten. Doch auch diese Kritiker vermochten nicht zu erklären, wieso auch Säuglinge und Tiere, die auf Plazebo-Effekte eher schlecht ansprechen, mit Akupunktur wirkungsvoll behandelt werden konnten. Auf einen einfachen Punkt gebracht: Warum können 2 Nadeln in der Kniekehle eines Patienten diesen innerhalb von Minuten von einem seit Tagen bestehenden äußerst schmerzhaften Hexenschuß befreien, nachdem nicht einmal regelmäßige Kortison-Injektionen dazu in der Lage waren? Anhand von wissenschaftlichen Arbeiten aus dem Westen (USA, Europa) konnten jedoch eine Reihe von Ergebnissen festgestellt werden, die die Möglichkeiten einer Erklärung für die Wirkungsweise drastisch erhöht haben. So weiß man inzwischen, daß Akupunkturpunkte durch verschiedene nachvollziehbare Methoden aufgefunden werden können. Akupunkturpunkte weisen in ihrer Umgebung einen erheblich geringeren elektrischen Widerstand an der Hautoberfläche aus, als an der normalen Hautoberfläche (bis zu 85% geringer). Auf Basis dieser Ergebnisse wurden elektrische und elektronische Punktsuchgeräte entwickelt, mit denen man die Lage der Punkte bei einem Patienten sehr präzise feststellen kann. Andere Resultate weisen nach, daß sich beim Abtasten leichte Vertiefungen an den Stellen des Körpers feststellen lassen, an denen sich Akupunkturpunkte befinden. Zudem befinden sich nahezu alle Akupunkturpunkte an Hautstellen, an denen Nervenbündel durch die Faszie nach oben steigen.

Zur Erklärung der Meridiane gibt es viele Hypothesen, deren wissenschaftliche Überprüfung jedoch teilweise noch aussteht. So geht eine der vielversprechendsten Hypothesen davon aus, daß Meridiane transpinale Verbindungswege in Form von Neuronenketten sind. An den Synapsen dieser Ketten und an den Kollateralen der einzelnen Glieder sind Verbindungen zu den Punkten möglich. Das Gehirn projeziert dann die ankommenden Erregungen auf die Haut. All das Wissen oder auch die Hypothesen zu Akupunkturpunkten und Meridianen erklären dennoch nicht die Wirkungsweise der Akupunktur. Allerdings ist man inzwischen soweit, daß viele Teilbereiche der Wirkungsweise als ‚wissenschaftlich überwiegend erklärt‘ angesehen werden. So wird zur Zeit von niemandem ernsthaft bestritten, wie die analgetische Wirkung der Akupunktur zustandekommt.